VKE - Verband der Vertriebsfirmen Kosmetischer Erzeugnisse e.V.

Gastbeitrag

Metaverse – Zukunft für Kosmetikmarken?

Das Metaverse ist derzeit in aller Munde. Spätestens seit Mark Zuckerberg seinen Konzern in Meta umbenannt hat, ist der Begriff des Metaverse im Mainstream angekommen. Und das, obwohl es in der Reinform laut Experten noch eine Zukunftsversion ist.

Ein schneller Überblick

Wenn heute von Metaverse gesprochen wird, sind meist digitale, dreidimensionale Erlebniswelten gemeint, in denen Menschen spielen, sich treffen, arbeiten, shoppen und vieles mehr. Viele sprechen vom Metaverse als 3D Modell des Internets. Es soll ein Ort sein, in dem Menschen ihr digitales Leben verbringen. Als Avatare, die mit anderen Avataren interagieren. Erste Vertreter sind Anbieter virtueller Welten wie Decentraland, Roblox oder Somnium Space, um nur einige zu nennen.

Die wichtigsten technologischen Säulen des Metaverse sind Hardware – VR (Virtual Rality) und AR (Augmented Reality) Interfaces - , NFTs (non fungible tokens) und natürlich Blockchain Technologien. Dadurch können dann auch NFTs wie z.B. Kunstwerke, Videos, Fashion, Game Charaktere, Kosmetika etc. gehandelt werden.

Klingt verwirrend? Ja, aber so war das mit dem Internet in den 80ern auch. Und mit vielen Innovationen, die heute für uns selbstverständlich sind.

Die wirtschaftliche Bedeutung des Metaverse wird auf fantastische 1 Billion USD bis zum Jahr 2025 geschätzt. Und Experten gehen davon aus, dass insbesondere junge Zielgruppen dort den größten Teil ihres Geldes ausgeben und verdienen werden.

Die Fashionindustrie gehört zu den Vorreitern: vom 23. Bis 27. März fand auf der Plattform Decentraland die erste Metaverse Fashion Week statt. Im Angebot: Shows, Shopping, After Parties und Panel Talks. Offen für alle Nutzer:innen, die dabei sein wollten. Neben digitalen Fashion Brands waren auch Marken wie Perry Ellis, Dolce & Gabbana oder Hugo Boss dabei.

Der Charme dabei: die Chance, auf eine völlig neue Art und Weise mit potenziellen Kund:innen zu interagieren. Und damit die Chance auf neues Wachstum. Das gilt auch für Kosmetikmarken.
 

Einige Beispiele aus der Kosmetikindustrie:

Im Januar 2022 präsentierte P&G seine virtuelle Storytelling Plattform „Beautysphere“ auf der CES in Las Vegas. Sie soll ein erster Schritt in Richtung Metaverse sein. Hier können interessierte Nutzer:innen mit dem P&G Markenportfolio interagieren, Live Content oder simulierte Inhalte erleben. Beautysphere dient dazu, auf Entdeckungsreise zu „Responsible Beauty“ zu gehen und die dahinter liegenden Prinzipien von Nachhaltigkeit, Sicherheit, Transparenz, Qualität und Leistung sowie Gleichberechtigung, Inklusion und Wohlbefinden kennen zu lernen. Der Konzern will damit Kund:innen neue Markenerlebnisse ermöglichen.

Ob’s die Kund:innen interessiert, bleibt abzuwarten. Denn: welchen Mehrwert die Plattform für Kund:innen hat, wird nicht wirklich klar.

Estée Lauder nahm als exklusive Beauty-Marke im März 2022 an der Decentraland Metaverse Fashion Week teil. In einer Kooperation entwickelte das Unternehmen mit Creator Alex Box ein NFT Wearable inspiriert vom ikonischen Produkt „Advanced Night Repair“. 10.000 dieser NFTs waren verfügbar. Besucher:innen mussten mit ihren Avataren in das Fläschchen eintreten, um das NFT zu erhalten. Der Lohn: der typische „Glow“, der den Avatar für den Zeitraum der Veranstaltung umgab.

Eine nette Spielerei für einige Wenige? Ja, aber auch: ein einzigartiges Erleben des Produkt USPs im exakt passenden Umfeld.

Als einer der Pioniere hat die Marke MAC Cosmetics in der Welt der online Spiele für Honor of Kings und Sims 4 in der Vergangenheit Make-Up Looks herausgebracht um Nutzer:innen die Individualisierung ihrer Charaktere zu ermöglichen. Umgekehrt waren Lippenstifte und Lidschatten, welche Honor of Kings Charaktere tragen, im realen Leben erhältlich.

Anlässlich Halloween 2021 kooperierten Xbox und MAC miteinander. Make-Up Artists von MAC hauchten Spielcharakteren aus verschiedenen Gaming Welten Leben ein und boten Gamer:innen Tipps für die reale Umsetzung der Looks.

Die Liste der Beispiele kann fast beliebig verlängert werden: L’oréal, Fenty (die Kosmetikmarke von Rihanna), Jo Malone, Givenchy, Beiersdorf – sie alle reichen Patente für digitale Versionen ihrer Marken und Produkte ein und experimentieren mit NFTs. Warum? Weil sie große Chancen für neues Wachstum sehen.
 

Wo liegen diese Chancen?

Neue Zielgruppen können auf eine immersive Art und Weise in passenden Umfeldern erreicht werden – es entsteht eine ganz neue Art der Interaktion zwischen Marken und Nutzer:innen.

Überhaupt ist die Interaktion die große Stärke des Metaverse – hier geht es nicht nur um Präsenz, auch Beratung durch z.B. Dermatologen-Avatare und Kosmetiker:innen sind möglich und für viele Marken attraktiv.

Vieles kann im Metaverse ausprobiert werden: wie kommen dekorative Kosmetika an? Wie werden Must Have Produkte von Nutzer:innen im digitalen Raum präsentiert? Marken können im digitalen Raum gemeinsam mit Kund:innen weiterentwickelt oder gar kreiert werden. Kund:innen können mit den digitalen Produkten einer Marke handeln und dadurch noch mehr Reichweite und Engagement erzielen. Und: das Metaverse bietet Ansatzpunkte für neue und unerwartete Kooperationen.

Die Möglichkeiten sind noch lange nicht ausgeschöpft und werden in Zukunft sicher noch wachsen.
 

Ist jetzt der richtige Zeitpunkt?

Ja, wenn Sie eine gute Chance für Ihre Marke sehen und Sie es ausprobieren wollen. Nein, wenn Sie das Gefühl treibt, Sie müssten unbedingt dabei sein.

Ein paar Fragen sollten sich Marken ernsthaft beantworten:

  • Was ist ihr Ziel?
  • Welche Experience biete ich meinen Nutzer:innen und worin liegt der Mehrwert für sie?
  • Wie bereit sind Sie, zu experimentieren? Aus den Ergebnissen Ihres Engagements zu lernen und dieses dann für die Zukunft anzupassen?
  • Ist Ihr zentrales KPI Sales? Dann lassen Sie die Finger davon. Hier geht es um Markenwahrnehmung und -interaktion.


Mit dem Metaverse macht sich zum ersten Mal seit langem eine Goldgräberstimmung unter Marken breit. Es gibt Neues zu entdecken, zu lernen und zu erschließen. Man muss jetzt nicht mitmachen. Aber man muss sich damit auseinandersetzen.


Ein Beitrag von Brigitte Liermann, diffferent