

Der New Deal for Consumers – was die Omnibus-Richtlinie für den E-Commerce bedeutet
Ein Beitrag von Rechtsanwalt Dr. David Weller, Lubberger • Lehment, Berlin

Dr. David Weller
Am 07. Januar 2020 ist die „Omnibus-Richtlinie“ der EU (RL (EU) 2019/2161) zur besseren Durchsetzung und Modernisierung der Verbraucherschutzvorschriften in der Union in Kraft getreten. Die Mitgliedsstaaten haben nun Zeit bis Ende November 2021, um die Richtlinie in nationales Recht umzusetzen. Die neuen Regelungen müssen ab dem 28. Mai 2022 angewendet werden.
Die Omnibus-Richtlinie soll für mehr Transparenz im Online-Handel und insbesondere auf Marktplätzen sorgen. Dafür wird der Katalog der gesetzlichen Informationspflichten erweitert und verschärft. Um die Durchsetzung von Verbraucherrechten zu stärken, sieht die Omnibus-Richtlinie ein Bußgeldsystem ähnlich der DSGVO vor. Verbraucher sollen bei Wettbewerbsverstößen zukünftig eigene Rechtsschutzmöglichkeiten erhalten (u.a. Rücktritts-, Minderungsrechte und Schadensersatzansprüche). Zudem werden die Regeln für Verträge über digitale Inhalte oder Dienstleistungen modernisiert.
Das Risiko bei Verstößen gegen Verbraucherschutzvorschriften oder Wettbewerbsverletzungen war bislang relativ gering. Im worst case drohte eine Abmahnung eines Mitbewerbers oder Verbands. Die Omnibus-Richtlinie führt zu einem Systemwechsel. Künftig können Rechtsverletzungen mit erheblichen Bußgeldern – bei grenzüberschreitenden Verstößen 4 % des Jahresumsatzes – sanktioniert werden. Die Höhe des Bußgeldes hängt insbesondere von Art, Schwere, Dauer und Umfang des Verstoßes ab. Gleichzeitig können Wettbewerbsverstöße auch vertragsrechtliche Konsequenzen haben und zur Kündigung führen.
Die wichtigsten Änderungen im Überblick:
Anwendungsbereich
Die bereits bestehenden und die neuen Verbraucherrechte gelten ausdrücklich auch für Verträge über digitale Inhalte, die nicht auf Datenträgern gespeichert sind, oder digitale Dienstleistungen, bei denen der Verbraucher dem Unternehmer als Gegenleistung personenbezogene Daten zur Verfügung stellt.
AGB
Verstöße gegen Verbraucherschutzvorschriften in AGB können in Zukunft mit einem Bußgeld geahndet werden.
Automatisierte Preisfindung
Wenn Verkaufspreise auf der Basis einer automatisierten Entscheidungsfindung gebildet werden, muss der Händler den Verbraucher darauf ausdrücklich hinweisen. Das gilt allerdings nur für die Preisbildung aufgrund von Profiling und nicht für dynamische Preissetzungsmechanismen, die sich an der Marktnachfrage orientieren.
Dual Quality-Produkte
Die Richtlinie untersagt die Vermarktung von Waren als identisch, wenn sich die Zusammensetzung oder die Eigenschaften der Produkte in den verschiedenen Mitgliedsstaaten wesentlich unterscheidet und die Unterschiede nicht objektiv gerechtfertigt sind (z.B. durch abweichende nationale Vorschriften, Verfügbarkeit oder Saisonabhängigkeit von Rohstoffen). Ob die Abweichungen „wesentlich“ sind und ggf. ausreichende Rechtfertigungsgründe vorliegen, kann nur im Einzelfall beurteilt werden.
Kontaktinformationen
Die Angabe einer Telefonnummer ist künftig Pflicht, auf Faxnummern kann verzichtet werden. Bietet der Händler weitere Online-Kommunikationsmittel an – wie Chats – muss auch darüber informiert werden.
Marktplätze
Betreiber von Online-Marktplätzen (wie Amazon oder eBay) müssen künftig über die wesentlichen Parameter (und ihre Gewichtung) informieren, die für das Ranking der Suchergebnisse entscheidend sind. Bezahlte Ranking-Positionen müssen ausdrücklich gekennzeichnet werden. Außerdem muss angegeben werden, ob es sich bei einem Marktplatzhändler um einen Unternehmer oder Verbraucher handelt. Werden einzelne vertragliche Pflichten zwischen dem Marktplatzhändler und dem -betreiber aufgeteilt (wie bspw. im Rahmen des FBA bei Amazon), muss die Verteilung der Verantwortlichkeiten transparent erläutert werden.
Produktbewertungen
Wirbt ein Unternehmer mit Produktbewerbungen von Kunden, muss er darüber informieren, ob und wie er sicherstellt, dass die Bewertungen tatsächlich von Verbrauchern stammen, die das Produkt erworben oder verwendet haben. Der Unternehmer muss außerdem über das Verfahren zur Veröffentlichung von Bewertungen informieren. Die Werbung mit Kundenbewertungen ohne angemessenen Verifizierungsprozess fällt künftig unter das blacklist-Verbot des § 3 Abs. 3 UWG.
Ausdrücklich untersagt wird zudem die Werbung mit falschen oder gekauften Bewertungen in sozialen Medien.
Rabattwerbung
Bei Preissenkungen ist künftig der niedrigste Preis anzugeben, den der Händler über einen Zeitraum von mindestens 30 Tagen vor der Preissenkung verlangt hat.
Sonstige Informationspflichten
Die Informationspflichten beim Vertrieb von digitalen Inhalten und Dienstleistungen sowie Waren mit digitalen Elementen werden erweitert; unter anderem muss über die Funktionalitäten, die Kompatibilität und Interoperabilität sowie evtl. technische Schutzmaßnahmen aufgeklärt werden.
Widerrufsrecht und Widerrufsbelehrung
Das Widerrufsrecht bei Verträgen über digitale Inhalte und Dienstleistungen und die Pflichten der Unternehmer im Widerrufsfall werden detailliert geregelt. Das hat insbesondere Auswirkungen auf die Gestaltung der Widerrufsbelehrung.
In der Widerrufsbelehrung muss künftig (neben der Anschrift und der E-Mailadresse) eine Telefonnummer angegeben werden. Auf die Faxnummer kann dagegen verzichtet werden. Das gilt nicht nur für digitale Inhalte, sondern für Verträge aller Art.

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